Martin Gropius  -  Jagdhaus Dombrowa / 1858


Der reizvolle Entwurf für das Jagdhaus des Hugo von Hohenlohe-Oehringen in Dombrowa (Oberschlesien) gehört ebenso wie die Villa Heese zum Frühwerk von Martin Gropius. Die Autoren Klinkott und Kieling datieren das Entstehungsjahr auf 1860, Nägelke auf 1858. Er verweist auf Schinkels 1824 fertiggestelltes Jagdschloss Antonin als Vorbild. Das Vorbild bei Ostrowo in Polen ist weiträumiger, ein reiner Holzbau, der 24 Zimmer umfasst, die um einen achteckigen Saal gruppiert sind. Auch in Dombrowa beherrscht ein massiver Kamin, der gleichzeitig als Mittelstütze dient, das Zentrum des streng axialsymmetrischen Baukörpers.

Das Obergeschoss enthält fasst 6 Zimmer. Ob das Jagdhaus gebaut wurde, ist nicht bekannt. Der anmutige Zentralbau ist mit vorgesetztem Treppenturm und drei polygonalen Standerkern in drei Himmelsrichtungen klar gefasst und aus einem einheitlichen Gesamtkonzept entwickelt. Die vier kleinen, übereck gestellten Erker im Obergeschoss sind wie der Treppenturm jeweils mit einem eigenen Spitzhelm bekrönt und vollführen ein lebhaftes Wechselspiel mit dem Unterbau.


Die im mittleren der drei Grundrisse gezeigte Deckenbalkenlage wird am Zentralkamin abgestützt und an der Außenseite mit kräftigen Konsolköpfen im Rhythmus der Fachwerksgliederung wieder aufgenommen. So ist das innere Tragwerk als konstruktives Prinzip von außen kenntlich gemacht. Man könnte von einem gebauten Lehrbuch der Tektonik sprechen, wenn z. B. die Sockelprofile, Fensterpfeiler und gelängten Konsolen unter dem Obergeschoss und am Dachfuß "das Lastende" dramatisieren, was angesichts es kleinen Baukörpers und seiner geringen Lasten überraschen mag.

Oder man könnte mit Nägelke ’eine auf Ornament verzichtende Übersetzung der Tektonik der Hellenen in den rustikalen Holzbau’ sehen. Bei aller Verspieltheit der Außenform bleibt dies ein liebevoll geformtes Schmuckstück, in dem Gropius mit Witz und Originalität die Kernsätze seines Studiums zum Leben erweckt. Mit dem Überschuss an konstruktiver Expression weist das Bauwerk in die Zukunft und mag außerdem als eine frühe Übung zum Zentralbau gelten, der Martin Gropius immer wieder beschäftigen wird.

nach Arnold Körte - Martin Gropius Leben und Werk eines Berliner Architekten (1824–1880)